Vor vier Jahren wurde ein Kiesveredelungswerk gebaut und seitdem sind über 100.000 LKW über diese kleine Straße gefahren.
Für Fußgänger und Radfahrer ist die Straße lebensgefährlich. Die Strecke ist Teil des Radwanderwegs Wasserburg/Inn und bei schönem Wetter stark frequentiert. Radler rechnen auf einem Radwanderweg nicht mit einem derartigen Schwerlastverkehr, vor allem nicht, wenn sie bei Unterstreit von einem Waldweg kommend auf die Straße einbiegen. Gerade Familien mit Kindern sind sehr gefährdet.
Die Strecke ist unübersichtlich, Kurven, Wald und Senken verhindern eine gute Sicht. Die Geschwindigkeit der LKW ist selten an die schwierige Straßenlage angepasst, es wurden schon 98 Stundenkilometer gemessen. Bei schlechter Sicht durch Nebel oder bei nassen Straßen ist das Unfallrisiko dramatisch erhöht. Der Bremsweg eines vollbeladenen Kieslasters mit einem Gesamtgewicht von über 40 Tonnen und einer Geschwindigkeit von 60 kmh, ist etwa 50 Meter. So viel freie Sicht ist auf dieser Strecke häufig nicht gegeben.
Es ist fast ein Wunder, dass es bisher noch zu keinem schweren Verkehrsunfall gekommen ist.
Einige Anwohner und Durchfahrende berichten:
Ich fahre gelegentlich die Straße von der B 304 Richtung Surbrunn.
Immer wieder passiert es, dass die beladenen Kieslaster mit sehr hoher Geschwindigkeit
mir entgegen kommen. Ohne abzubremsen zwingen sie mich
dazu in die Wiesen auszuweichen.
Rita M., Evenhausen
Meine Kinder dürfen den Schulweg zur B 304 zum Bus nicht benutzen.
Die Schwerlaster fahren bereits ab 5.30 Uhr in beiden Richtungen – teilweise
in Kolonnen Richtung Hochschatzener Kieswerk.
Anna P.,
Schachen
Vor ein paar Tagen raste ein Schwerlaster den Abhang von Ried nach Unterstreit
herunter. Voll mit Kies beladen ungebremst. Er musste 10 m weit in
meine Wiese ausweichen. Ein Glück, dass ich mit meinem Bulldog oberhalb
beim eingrasen war und er mich nicht erwischt hat.
Alois B.,
Unterstreit
Bei der Fahrt zum Einkaufen von Ried kurz vor Surbrunn kam mir ein
vollbeladener Kieslaster mit ca. 90 km/h entgegen. Er wich keinen cm
zur Seite und machte auch keine Anstalten zu bremsen. Er zwang mich in die
Wiese auszuweichen.
Katharina H. Ried
Neulich war ich mit einer Freundin auf der Straße von Surbrunn Richtung
B 304 mit dem Fahrrad auf dem wunderschönen Radwanderweg unterwegs.
Ich habe mich sehr bedroht gefühlt, weil ein Laster völlig ungebremst an
uns vorbeigerast ist. Wir bekamen einen Riesen Schreck bei
soviel Tonnen Gewalt.
Verena M. , 16 Jahre, Evenhausen
Ich ging mit dem Kinderwagen auf der Straße und wurde in die Wiese abgedrängt,
und hatte Angst um das Leben meiner Enkelin.
Melda M. Ried
Meine Freunde und Verwandten wollen nicht mehr zu Besuch kommen, weil es
auf dieser Straße oft zu lebensgefährlichen Situationen kommt.
Anne M. Ried
Das Genehmigungsverfahren
Bei dem Genehmigungsverfahren für das Kieswerk hat der Bürgermeister der Gemeinde Amerang, Augustin Voit von Anfang an auf das Problem der nicht ausreichenden Verkehrsanbindung hingewiesen und sich deshalb gegen die Genehmigung ausgesprochen. Da die Gemeinde Amerang zum Genehmigungsverfahren nur gehört werden musste, aber kein Einspruchsrecht hatte, wurden die Bedenken von den genehmigenden Behörden (Gemeinde Schnaitsee und Landratsamt Traunstein) verworfen.
Im Bebauungsplan „Sondergebiet Kiesabbaugebiet Hochschatzen (Dettenbeck)“ ist festgelegt, „ ... Die Zu- und Abfahrten werden wie folgt geregelt: Es erfolgt eine prozentuale Aufteilung auf die Fahrtrichtungen der beiden Gemeindestraßen in nördlicher und südlicher Richtung, jeweils mit 40% (gesamt 80%). Für die Gemeindestraße nach Surbrunn und Ried bis zur Einmündung in die B 304 verbleibt damit ein Anteil von 20 %.“ Die Firma Dettenbeck und die Unternehmen, die Kies von und zur Anlage transportieren, haben sich nie an diese Aufteilung gehalten.
Das Ganze ist juristisch
kompliziert, denn das Kieswerk
liegt auf dem Gebiet
der Gemeinde Schnaitsee
und damit Landkreis Traunstein,
die Straße führt über
das Gebiet der Gemeinde
Amerang, Landkreis Rosenheim
und führt zu einer
Konstellation, in der eine
Gemeinde und ein Landkreis
etwas genehmigen
und die Bewohner einer anderen
Gemeinde in einem
anderen Landkreis die Folgen
tragen müssen. Das
führt zu einer ungewöhnlichen
rechtlichen Situation,
die vielleicht für Juristen,
für Spezialisten des Verwaltungsrechts
ihren Reiz hat,
nicht aber für die Betroffenen.
Das Abbaugebiet dieses
Kieswerks erstreckt sich über
viele Hektar, weitere Flächen
werden noch dazu kommen.
Das bedeutet, daß diese
Anlage über Jahrzehnte in
Betrieb sein wird.
Diese Gemeindeverbindungsstraße ist für
Schwerlastverkehr völlig ungeeignet
Die Verbindungsstraße zwischen Surbrunn über Ried, Unterstreit bis zur B
304 ist Bauklasse V, ein Ausbau, der für solch eine Belastung nicht im Ansatz
ausreichend ist. Vor wenigen Jahren waren das ja noch ungeteerte,
öffentliche Wald- und Wiesenwege, das heißt einfache Verbindungswege
zwischen den vereinzelt liegenden Bauernhöfen. Die Straße weist bereits
jetzt erhebliche Schäden auf.
Die Juristen des Bayerischen Gemeindetages sind in ihrem Urteil, dass
die Straße nicht für den Schwerlastverkehr geeignet ist, sehr eindeutig.
Die Direktorin, Cornelia Hesse schreibt ....“die Grenzen der technischen
Zweckbestimmung werden überschritten, wenn eine solche Straße zur
Kiesgrube von ihrer Breite für einen Begegnungsverkehr mit Lkw nicht geeignet
ist und/oder mit Blick auf die Tragkonstruktion (Unterbau und Straßendecke)
durch das Befahren mit Schwerlastverkehr geschädigt wird....“
sowie Claudia Drescher vom Bayerischen Gemeindetag „....durch ein
entsprechendes Gutachten wurde bereits dargestellt, dass solche Straßenschäden
zu erwarten sind. Nach alledem halte ich eine straßenverkehrsrechtliche
Beschränkung auf Fahrzeuge mit einem zulässigem Gesamtgewicht
von bis zu 7,5 Tonnen für zulässig.“
Die Gemeinde Amerang hat bei der B+P Baustoffprüfung Ing. GmbH ein
erstes Gutachten und bei Professor Eger, vereidigter Sachverständiger
der IHK für München und Oberbayern, ein zweites Gutachten in Auftrag
gegeben. Beide Gutachten kommen ebenfalls zu dem eindeutigen Ergebnis,
dass die Gemeindeverbindungsstraße für den Schwerlastverkehr nicht
geeignet ist.
Der Bayerische Gemeindetag
ist ein kommunaler Spitzenverband,
in dem mehr als 2000
bayerische Städte und Gemeinden
organisiert sind, und
der gelegentlich als eine Art
Schiedsstelle bei Streitigkeiten
zwischen Gemeinden fungiert.
Kolonnenfahren
Strasse zu eng für den Schwerlastverkehr
Ein moderner Lastwagen hat eine Breite von 2,65 Meter. Durch seitliche Verschiebungen des Anhängers
oder Aufliegers, den sogenannten Wankbewegungen, in jeder Richtung von 20 cm, ergibt sich
eine tatsächlichen Breite im Fahrbetrieb von bis zu 2,95 Meter.
Ein moderner Pkw ist bis zu zwei Meter breit. Dazu kommt der Abstand zwischen den passierenden
Fahrzeugen. Bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h sind 40 cm Sicherheitsabstand eher gering.
Trotzdem ergibt das schon eine notwendige Straßenbreite von mindestens 5,35 Meter bei PKws und
mindestens sechs Meter bei Lkws im Gegenverkehr.
Die Gemeindeverbindungsstraße wurde auf 4,4 - 4,5 Meter Breite geteert, d.h. Pkws und Lkws
müssen auf die unbefestigte Bankette, ja sogar auf Privatgrund ausweichen.
Die Fakten – zusammengefasst:
Von der Gemeinde Schnaitsee und vom Landratsamt Traunstein wird eine
industrielle Kiesverarbeitung genehmigt, ohne auf ausreichende Verkehrsanbindung
zu achten.
Bei mehr als 60 LKW Bewegungen pro Tag ist eine Mindestbreite der erschließenden
Straße von 6 Metern vorgeschrieben. Alle Straßen zum
Kieswerk Dettenbeck sind nur 4,5 Meter breit. Über diese Vorschrift haben
sich die genehmigenden Behörden einfach hinweg gesetzt.
Die Gemeinde Amerang erhebt Einspruch, der aber mit der Begründung
verworfen wird, es fahren ja nur 20 % des Schwerlastverkehrs über die
Ameranger Gemeindestraße. Als dann annähernd 100 Prozent, insgesamt
27.000 LKW pro Jahr über diese Straße fahren, kommt von der Firma Dettenbeck
die Begründung, das beträfe ja nur die Fuhren mit veredeltem
Kies, die Lastwagen mit normalem Kies sind davon nicht betroffen und
das wäre auch gar nicht zu kontrollieren.
Das ist eines Winkeladvokaten würdig, auf deutsch gesagt, ein Austricksen...
da fehlen die Worte ...
Der Ameranger Bürgermeister lässt zwei Gutachten, von vereidigten Sachverständigen
erstellen, die ausführen, dass die Straße von der Bauklasse
her für einen solchen Schwerlastverkehr nicht geeignet ist und schwer geschädigt
wird. Ebenfalls auf Initiative der Bürgermeisters Voit wird der bayerische
Gemeindetag eingeschaltet und dessen Juristen bestätigen, dass
die Straße über 7,5 t gesperrt werden darf. Die Regierung von Oberbayern
ordnet einen Verkehrsversuch, eine vorläufige Sperrung an, und trotzdem
unternimmt die Gemeinde Schnaitsee bis heute keinen ernsthaften Versuch
eine Lösung zu erarbeiten. Eine Alternative könnte beispielsweise
eine Erschließungsstraße zwischen Kieswerk und Staatsstraße Gars - Rosenheim
sein, die in etwa zwei- bis dreihundert Meter Entfernung vorbeiläuft.
Das Kieswerk ist am Rande des Gemeindegebiets Schnaitsee und gleichzeitig
an der Landkreisgrenze. Die meisten Schnaitseer werden die Anlage
noch nie gesehen haben. Die einen haben die Vorteile, beispielsweise
die Gewerbesteuer, die anderen haben den Dreck, den Ärger, die kaputten
Straßen und die Kosten.
Das Kieswerk wurde mit einer vorläufigen Genehmigung gebaut, das
heißt es wurden vollendete Tatsachen geschaffen, bevor die eigentliche
Genehmigung erteilt wurde. Dabei wurde, was die Verkehrsanbindung betrifft, von den Behörden geschlampt
und jetzt wird dieser Missstand mit Zähnen und Klauen und gegen
jegliche Vernunft verteidigt.
In den letzten vier Jahren sind über 100.000 Schwerlasttransporte
über Ried gefahren, jetzt sollen sie die nächsten vier Jahre über
Schnaitseer Straßen fahren, erst dann kann man über einen Kompromiss
sprechen.